Valadas versinkende Gaerten by Waldtraut Lewin

Valadas versinkende Gaerten by Waldtraut Lewin

Autor:Waldtraut Lewin [Lewin, Waldtraut]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: dtv
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


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IBN ZAYDUN.

Vielleicht sollte man diesen Einzug in Granada eher einen Einmarsch nennen, denn der Umfang der Truppen, mit dem Al Mutadid seinen »Staatsbesuch« dekoriert, ist beträchtlich. Allerdings, und das ist die diplomatische Finesse, kommt er nicht persönlich, sondern schickt den Kronprinzen an seiner Stelle. Das gibt der Angelegenheit einen nicht ganz so offiziellen Anstrich – man schickt den Stellvertreter, der Herr lässt noch auf sich warten.

Dass ich beim Einzug in Granada dabei bin, hat zumindest zwei Gründe.

Zum einen: Al Mutamid will mich offenbar nicht nur als Dichterkumpan an seiner Seite sehen, sondern erhofft sich in mir einen Berater – was ein gutes Zeichen hin nach Cordoba bedeutet: Je besser meine Position am Hof von Sevilla ist, desto mehr gewinne ich an einer Augenhöhe, auf der ich Valada in Zukunft gegenübertreten kann. (Übrigens habe ich gehört, dass ein Lied der Auslöser für diese Geschehnisse hier gewesen sein soll. Ein Lied! Die Macht der Poesie von ihrer negativen Seite. Sehr interessant.)

Der zweite Grund kam als Anfrage aus Cordoba hinzu. Der Hadjib, der sich offenbar mit allen Mitteln bei der Prinzessin lieb Kind machen will, lässt über das Emirat von Sevilla indirekt bei mir anfragen, ob ich wohl einige Nachforschungen über den Verbleib der Jüdin Kasmuna bint Ismael anstellen könnte.

Nachforschungen? Warum nicht. Wenn sie wirklich zu Schaden gekommen wäre bei den Unruhen – kein Nachteil für mich.

Allerdings hatte ich keine Vorstellung davon, wie unangenehm die Aufgabe in Granada sein würde.

Schon von weitem sehen wir: Scharen schwarzer Vögel kreisen am Himmel.

Die Stadttore sind unbesetzt.

Vor unserer Kavalkade fliehen die Bewohner, als würden die Heerscharen des Satans Einzug halten. Der Hufschlag dröhnt durch menschenleere Straßen. Ansonsten ist es still.

Die Stadt Granada präsentiert sich wie ein Hund, der Prügel erwartet – geduckt, auf dem Bauch kriechend, mit zugekniffenen Augen.

Ein widerlich süßer Geruch über allem. Er schlägt sich mir auf den Magen. Ich muss zweimal absteigen, um mich zu übergeben. Dabei habe ich noch gar nichts gesehen . . .

Al Mutamid hat nur spöttische Blicke für mich.

Im Alcazar empfängt uns Emir Badis augenblicklich. Er scheint – wie sollte es anders sein – nicht ganz nüchtern zu sein, und er wirkt kopflos inmitten kopfloser Berater. Ein ganzer Stab von Palasteunuchen umgibt ihn, und alle sind außer Fassung von dem Entsetzlichen, was sich unter ihren ahnungslosen Blicken vorbereitet und abgespielt hat. Der Fürst scheint gewillt, unsere Ankunft als eine Art Beileidskundgebung anzusehen; dass Sevilla möglicherweise die Absicht haben könnte, mehr als nur einen Besuch abzustatten, kommt ihm nicht in den Sinn, er hält die Truppen für ein angemessenes Ehrengeleit. (Er und sein Hof haben es sich wohl abgewöhnt, die Wirklichkeit wahrzunehmen, dafür hatten sie ja ihren jüdischen Hadjib, der ihnen sagte, was draußen geschah.)

Unsere Begrüßung wird unterbrochen durch die Ankunft einer Abordnung bärtiger Männer. Ihre Kaftane sind zerrissen, ihre Haare und ihre Gesichter sind mit Asche verschmiert. Sie werfen sich im Mailis zunächst auf den Bauch und nähern sich dem Thron alsdann mit flehend aufgehobenen Händen.

Es sind Juden. Überlebende.

Mit einer von Stöhnen und Seufzen der anderen unterbrochenen Rede trägt ihr



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